Beiträge zur Heimatgeschichte, 1988, Heft 7, Stadt und Kreis Arnstadt
Herausgegeben von den Abteilungen Kultur beim Rat des Kreises und Rat der Stadt Arnstadt in Zusammenarbeit mit der Gesellschaft für Heimatgeschichte im Kulturbund der DDR und den Museen der Stadt Arnstadt
Eine Dorfordnung für die Gemeinde Crawinkel aus dem Jahre 1659
Peter Unger (Ein Beitrag zur 900-Jahrfeier)
Die Gemeinde Crawinkel kann im Jahre 1988 auf 900 Jahre bewegter Geschichte seit ihrer urkundlichen Ersterwähnung 1088 zurückblicken. Aus diesem Anlaß gilt der historischen Entwicklung des Ortes verstärktes Interesse. Als Beitrag dazu können auch die nachfolgenden Ausführungen betrachtet werden.
Das veröffentlichte Dokument vermittelt Einblicke in die Organisation des dörflichen Lebens vor etwa 330 Jahren. Elf Jahre nach Ende des verheerenden Dreißigjährigen Krieges, 1659, erarbeitete der Schösser des fürstlich-sächsischen Amtes Wachsenburg und Ichtershausen, Eusebius Jäger, "Dorff Innungs Puncta" für die Gemeinde "Crawingkell"; d. h. eine Dorfordnung, in der wesentliche Bestimmungen, den Ablauf des Lebens im Dorf betreffend, aufgeschrieben waren.[1]
Doch werfen wir davor noch kurz einen Blick auf die Erwerbsverhältnisse im Ort. Eine zeitgenössische Quelle, zwar acht Jahre später, 1667, entstanden, gibt für selbiges Jahr in Crawinkel 682 Einwohner an.[2] Davon wurden 106 als sogenannte "Eingesessene" bezeichnet, 26 waren „Ausspänner" -verfügten also über Pferde-, 105 waren "Hintersättier" ,die im Gegensatz zu den „Ausspännern" keine Pferde hatten.
Das „Dorfhandwerk" war 1667 mit sechs Zimmerleuten, zwei Hufschmieden, zwei Metzgern, je einem Schuster, Leineweber, Schneider und Tischler vertreten.
Der Nahrungserwerb der Bevölkerung bestand in der Hauptsache in der Herstellung von Pech- und Kienrauch [3] der, wie in der Quelle[4] angegeben, weit über Land und Wasser mit Reffen und Schubkarren gebracht wurde.
Die Fuhrleute nahmen teilweise diese Aufgabe wahr, während sich das "Weibes Volk" mit Wollspinnen und Strumpfstricken beschäftigte. Die für Crawinkel so bedeutsame Mühlsteinhauerei findet 1667 keine Erwähnunq.[5] Bemerkenswert auch die folgende Feststellung: "Von dem Ackerbau aber alleine kann sich hier niemand ernähren." Zum Eigentum der Gemeinde gehörten zu dieser Zeit ein Brauhaus, eine Schenke und ein Backhaus. Drei daneben im Ort vorhandene Privatbacköfen wurden 1667 nicht genutzt.
Die Gemeindeordnung von 1659 entstand auf "Obrigkeitliche ... Veranlaßunge". Schultheiß und Heimbürgen begaben sich ins fürstlich-sächsische Amt nach Ichtershausen, um dieselbe in Empfang zu nehmen. Dabei stellten sie fest, daß bereits "ihre liebe Vorfahren etwa feine Dorff Ordnungen in schrifften verfaßet hatten". Selbige seien jedoch "bey verlauffenden Kriegswesen (gemeint ist der 30jährige Krieg) mehrentheils gefallen und in Vergeßung kommen. Die Jugend auch davon geringes wißen (Wissen) trügen, Daß dannenhero bey Der Gemeinde und Einwohnern groser ungehorsam und ander unfug erwachsen ... " sei. Dem galt es durch neue Festlegungen entgegenzuwirken und deshalb erstellte man die nun im Wortlaut folgende Ordnung. Nach Maßgabe des Amtes sollte diese den Einwohnern Crawinkels einmal im Quartal verlesen werden, "damit sich niemand einiger ungewißheit zu beklagen haben möge ... "
Der Erste Articul
Von der Gemeinde Heimbürqen[6] Jährlicher Bestallung Ihere Rechnung/und andern Schuldigkeit, und/gegen Sie hin wieder tragenden Ge-/horsam, wie auch sonsten einge/rißener Mängel Verbeßerunge, und/andere Zu dem gemeinen nutz/gereichende beobachtungen. (S.4)
1.
Soll Jährlich, und Zwar alle Zeit/Michaelis[7] das Heimbürgen Ambt/von Neuem bestellt, und besetzt/werden, und die weil sichs gebüh-/ret, daß vor deß Heimbürgens/arbeitt, iedesmahl Zwey untadel-/haffte Männer So die ältesten/genugsam geschickt erachten, benümbt/und dem Fürstlichen ambte daraus einen/Zu erwehlen, und Zu bestätigen, vor-/geschlagen werden; alß soll es auch/hinförder also gehalten, der Alte/Heimbürge Aber nicht ehr loß ge-/sprochen, noch seiner Verantworttung/erlaßen seyn, er habe dann über/seine durchs Jahr über geführte Ver-/waltung über einnahme, und außqabe/vorhero Richtige Rechnung gethan, und/im Fürstlichen Ambte, deßen loßsprechunq/erhalten, Inmaßen er dahn, wenn/Die Rechnung Vorferttigett selbige erstlich dem Ambte Zu ... [unleserlich], und über/legung einhändigen, und Alß dann/nach solcher approbation der Gemeinde/vortragen soll.
2.
Wenn ein frembder ins Dorff Ziehen (S. 5)/und sich deßselben Gerechtigkeit, gleich/andern Einwohnern gebrauchen will/Soll derselbige Zu fördertst einen beglaub-/ten Schein, und Kundtschafft aus Denen/Gerichtten, oder gemeinden, von wann/er kömmt, oder wo er Vorher gewohnt/vorzeigen, und dann nechst Vier Gülden/Nachbar Recht, einen ledernen Eymer,/oder einen Gülden Davor, in Gemei/ne erlegen, oder zu scheffen, Auch der/Kirchen ein Kopfstück Zu endtrichten/verbunden seyn, Jedoch denjenigen/was sie darüber ins Ambt schuldig seyn/nichts benommen.
3.
Welcher Nachbar, oder Inwohner hiernach/uff empfangenes Geboth, so vom Schul/sen[8] oder Heimbürgen, zur Gemeinen Sache/durch den DorfSchützen[9] ins Schenkhaus/oder anders wo hin gethan und daheim/angetroffen/oder ob Er nicht Zu Hause iedoch/im Dorf seye und nicht erscheinen/wird, soll als offt er Vorsetzlieh, und/ohne erhebliche endtschuldigung, auffs aller/längste in einer kleinen halben Stunden/nicht erscheinett, mit Zween Groschen/der aber, so ohne erhebliche ursach, gar außen/bleibe, oder auch, so er sich gleich ein stellet/iedoch aber denen, von welchen er gefordertt/worden, Vorhero Schmehen und Verächtliche (S. 6)/Wortte entgegen gestoßen hätte, mit/10 g.[10] 6 d,[11] und nach abefindung dem/Fürstlichen Ambte zu härtterer Buße über/wiesen werden.
4.
Da auch einer dier andere uff an/fo[r]derunq nicht Zu rechter Zeit zur wach,/wann die verordnet ist, sich einstellen/würde, der soll der Gemeinemit 5g/verfallen seyn; so sollen auch andere/persohnen, so Zur Wache gebethen haben,/denselben, so Von der Wache geblieben/oder keine taugliche persohn an seinem/plaz geschickt, also balden morgens/bey dem Schulthsen, und Heimbürgen/anmelden, oder aber ein ieder vor sich/selbst mit 5g gestraft werden,/Jedoch der Schulhtse und Heimbürge/mit Gemeiner Frohn und der Wache/verschont bleiben; dargegen sie aber/daß Dorff nothdurfft allendhalben, wie/ehrlichen biederleuthen eignet, und/Zu stehet, mit getreuen fleiß bedencken/deßen nutzen befördern Schaden aber/und nachtheil, So viel mensch- und mög/lich ist vorsichtiglich Verhüthen; und sonderlich auch, daß mit der Frohne und/Wacht, gleich, und Recht, nach Ordnung umbgangen, niemand aus Gunst/oder umb Andern Absehens willen (S. 7)/ außgelaßen, sondern gleichheit gehalten/und den unwilligen, oder gantz trotzige/außen bleibende unfleißige Fröhner/und wächter bey vermeidung selbst/doppelter Straffe gestrafft werden/mögen, mit Ernst auffsehen haben.
5.
Soll der Fürstlichen Landes Ordnung und/Ambts Befehl nach, ein ieder Einwohner/ so von unbeweglichen Güthern etwas/Verkaufft, oder vertauscht, oder auch da/in Erbschafts Sachen, etwas Vorgehet/innerhalb Monatsfrist Vor Zeit deß/Contracts, oder Erbtheilung an, bey un/nachläßiger Strafe, sich neben dem Käuffer, Tauscher, und die Erben/im Ambte angeben, ihre Contracte/daselbst, und nicht anders wo schreiben/laßen, auch Von iedem gemalten Contract/und Erbfälle, in gleichen alle Neue Ehe/leuthe einem (Orthsthaler) oder Kopfstück/so zu deß Herrn Pfarrers ermeßen, und/ discretion stehen thut, auch nach gelegenheit/ und eines ieden guten willen und, Ver-/mögen, mehr oder weniger Zum Gotts/Pfennig Zu erstatten schuldig seyn.
6.
Welcher befunden, der oder die Nächtliche/Weile unter licht, Hecheln, Flachs oder/ Hanff brechen oder aber denselben (S. 8] /wie auch Holz in der Stuben, Küchen oder/beym Feur dörren, oder sonst, an geführ-/liche orthe legen, in gleichen in scheunen/des Nachts reffen, darin soll ein ieder/so offt solches befunden wird, Ebenmäßig/auch die Jenigen welche die Feurstädt und/Schlode nicht Reinhalten der Gemeinde/mit einem halben Schock verfallen/seyn, und dem Ambte Zur ferneren/Straffe angewiesen werden. Inmaßen deme Schulthsen und Heimbürgen/ ordentlich alle Viertel Jahr, die Feur/stätte Zu besichtigen und die mängel/bey straffe abzuschaffen auch bey der/Gemeinde Leittern, feuer Hacken und/ander Feur Rüstungen wieder in Vorrath/halten, dergleichen Zu dürren hitzigen/Zeiten, waßer in gefäßen vor die/thüren und auff die böden setzen/zu laßen schultig und befließen seyn/gestaltsam der so ihrem Geboth in/Abschlag günge, dieser und dergleichen/mängel nicht gehorsamb mit 5g wieder/nach Ambts erkendtniß noch höher Zu/bestrafen seyn soll./
7.
Waß vor Hawwände (Heuwände?), und Zäune noch/vor alters her stehen, an denen und anderen (S. 9)/neuen Hawwänden, und Zäunen/auch den Gemeinden, und eigen befrie-/digung soll niemand etwas zerbrechen/oder Winters Zeit Vorkommen, noch ein/Steige auß oder einwarts hienüber oder/durch Zugehen by Straffe 5g ver/stattet sondern sollen, so Viel möglich/Alle Zeit in gebührlicher beßerung er/ halten, und so in Verqanqenem Krieg/einige weg gerißen, verbrandt oder/vertragen repariret und neu gemacht/lngleichen die Gräben umbs Dorff/aller orthen wieder aufgeworffen/die Wege an den Gärtten hinden hiennaus/abgeschafft, und die Leutte durch die Thore/aus und ein Zufahren Ernstlich und/bey 1 f [12] Straff angewiesen worden./
8.
Wenn zur Herrschafts und Gemei/nen Diensten, bey des unter Auspanner/und hinder Sättler, Von Schulthsen und Heimbürgen, oder Altarleuthen/gebothen, und solches Verachtet würde/oder Aber iemand über die angezeigte Zeit, und daß die Arbeit angefangen/auch ein theil Verrichtet were, sich aller/erst einstallete, soll der Anspanner/mit 5g der hinder Sättler aber/mit 2 ½ g gestrafft werden. (S. 10)/
9.
Welcher seine Schweine, Gänse, oder/ander Klein Viehe zu rechter Zeit nicht vor/den Hirthen Treiben, und also andern/leuthen dadurch an denen ihrigen alß/Gärtten Feldern, und andern Schaden/zu fügen wird, der soll über erstattunge be/wiesene Schäden, auch der Gemeine mit/5 gl. verfallen seyn./
10.
Weilen Auch von dem Ochsen So in der/Gemeinde gehalten werden muß, iemahls/ im Felde groser Schade geschiehet, so soll der/Heimbürge hinführo dergleichen in seinem/Hofe behalten, und verwahren, oder aber/sonst bey einem andern unterbringen,/dargegen er vor solche Mühe, und Atzung[13], der/billigkeit nach aus der Gemeine ergetzung/haben, Aber dabey den Ochsen mit fütte/-rung dermaßen unterhalten, daß er bey/gutem starcken leibe bleiben möge, und/die Gemeinde deßwegen zuklagen/nicht geursacht werde./
11.
So soll auch den Hirthen, und andern/Nachbarn von Heimbürger mit auferlegt, und mit ein gedüngt werden/die Eber zu denen Schweinen, so sie zu/halten haben, dergestaldt, wann das Vieh/eingetrieben ist, daßselbige, es sey Rind/Schwein, oder ander Viehe, innen zuhalten/daß niemand dadurch im Felde, Gärtten (S. 11 ),/oder Anderswo schade zugefügt werde/geschihts Aber, soll der Hirthe oder/Nachbar iedesmal mit 2g gestrafft/auch nach gelegenheit der Schaade er/stattet werden.
12.
Schulthsen und Heimbürgen sollen/förderlichst die Gemeine Raasen versteinen/ hiernach [hiernächst] alle brücken/und Steege, so über gräben, und waßer-/fluten, in-unter, oder überm Dorft/nicht allein von der Gemeinde, oder/deroselben Einwohnern, sondern auch/von Wandersleuthen, und Landtvolcke/zu gebrauchen und nicht umbgangen/werden könde, von der Gemein/Guth auffs beste repariren, bauen und unterhalten, und wann an/ein oder mehr orthen, durch die/wilden Waßer, oder Sonst Waß/verderbet, und Zu rißen würde, daß/selbige in der Zeit, innerhalb/vierwochen tüchtig und gut fertigen/laßen, bey Vermeidung einer ieden/gedachter persohn 10 g Strafe, so in/die Gemeinde Verfallen, auch nicht/destoweniger, umb solches ihres un-/fleises willen dem Ambte zu deßelben (S. 12) sonderbarer Straffe hinn gewiesen seyn./
13.
Die auff denen Gaßen, iedermann ln/nutzen offen stehende Brunnen/sollen Von der Gemein Guth, mit/mauern oder stürtzen, im baulichen/Wesen erhalten werden, daß weder/Menschen, noch Vi ehe leichtlich Schaden/nehmen; Ingleichen dieselben, und/das Waßer daraus gebrauchet wird/reinlichhalten und nicht unrein/gefäß, Gesotten Garn, windeln, und dergleichen, drinnen oder dafür/gewaschen; weniger Kehrigt in benandte/waßer schütten noch dieses oder die Brunnen sonst schänden laßen/bey Straffe 10 g/
14.
In Übertragung der Gemeinen bürden/soll von allen denen, so sich der Gemei-/nen Bauren Güther gebrauchen, und/kein besonders privilegium dar wieder/her gebracht, oder sonst erlangt habe, durch/gehende gleichheit gehalten, und Keins/ weder Arm noch Reich Vor dem andern/beschweret werden (S. 13)/
Der Andere Articul
Von Freveln in Feldern und Fluhren
1.
Wer hinfurder Pflüge bestehen/ltem Wann eine besichtigung/der Gemeine Rasen beschehe, wie auch/sonst anderswo im Feld und Fluhre,/über die gesazten mahlsteine, einwenden/ähren oder Pflügen, und einer den Andern/dieselben ausheben würde, soll von einer ieden gelenge [14] 1 f, wo aber in/die gantze gelenge von niemanden/abgeahren wird, der soll von iedweder/furch und ausgehobenem Stein der Gemeine ½ f endtrichten, und Zue weiterer Straffe ins Ambt ge-/wiesen werden, so soll auch alles ein-/wenden uff bestellten Äckern/in der Brach bey 5 g straffe ver-/ bothen seyn./
2.
Wer bey Nächtlicher weile im Feld/auff Wiesen oder Äckern, mit Sicheln/Senßen, oder sonsten mit hüthen, am Scha-/den gefunden, Item welches Pferd/oder Vieh dermaßen antreffen, und ge-/pfändet würde, der soll erstlich dem/Zugefügten Schaden, nach erkändtniß/erstatten, geschieht es aber am Tage (S. 14)/so soll solcher frevel, ingleichen da jungen/oder andere über ihrem Schlaffen/die Pferde endtkähmen, oder zu schaden/lieffen, Item so einem sein ange/pflöcktes Pferd an ander leuthe früchte/oder Wiesen langen würde und Schaden/thäte, derselbe mit 5 g gebüßet werde/und die Mittags, und Nachts Gräserey/bey willkürlicher Ambts Straffe/gäntzlich Verbothen seyn.!
3.
Wer über gehefgte und bestelte Feldet/weitet, oder aber über Vergrabene/und Verbothene Wege fähret, der soll/vor solchen muthwillen 5 g in die Gemeine entrichten; So sollen/auch Verbothene, und nicht Gemeine/Staige, so Andern über ihre bestelte/Äcker, oder Felder Zu Schaden gemacht/mit 2 g Verbüst werden; Wer/auch in der Erndte Zeit über ein oder/zween seiner Nachbarn ungeschnittene/ Äcker, oder gehauben noch liegende Früchte/Zufahren nicht umbqehen köndt, der/soll solches mit gunst erwehntes seines/Nachbarn, dem daß stücke gehöret, thun dem/Weg durchschneiden, und die Frucht weg/reumen, oder auff deßelben Ansagen/den Schaden gelten und 5 g in die Gemeine geben. (S. 15)/
4.
Niemand soll in der Erndte Zeit ähren/aufflesen, noch stoppeln oder graßen/noch auch der Hirthe mit dem Vieh drauf/treiben, es seyn denn die Menteln [15] von den Äckern abgeführt bey 2 f Straff./
5.
Welcher uff eines andern Acker, oder wiesen, Linsen, wicken oder Erbsen/Kraudt, rüben oder Kümmel aus wirfft/oder Schaden thut, soll mit 5 g gestrafft werden. Ingleichen soll keiner zu der/Erndte Zeit, er hätte dann beweiß daß/es von seinem eigenen Stücke sey, weder/in Tuchen, noch Körben die frucht, bevorab/wenn die anderen Nachbarn oder/Schnietter Zur Mittags Zeit, oder auff/den Abend Schon vom Felde sind/heimtragen oder auß erheblichen ur/sachen bey Nachts einfuhren/ bey vorgedachter Straffe./
6.
Wer Weiden und andere Stämme,/auch pfropff Reiser im Feld, und/Gärtten durch hüthen treiben oder/Sonsten in andere Wege verleget/der soll neben erstattung deß/gemachten Schadens, und über die Ambts Straffe in die Gemeine/10 g Zur buße geben. (S. 16)/
7.
Vor Bartholomei; soll einem ieden/die stopffel arth in beyden Feldern/verbothen seyn, bey straff 10 g auch/niemanden länger alß 14 Tage/nach Michaelis uff seinen Wiesen/das Krummet[16] gehegt werden./Es wäre denn, daß solche ver/graben und mit jungen weiden/bestackt seyn./
8.
Kein Hirthe oder Schäffer soll von/sich selbst eingeheegtes Feld auffthun/oder betreiben. Es sey denn solches/von dem Heimbürgen und der Gemeine erlaubet, und bewilligt/bey straff 20 g würde aber ein Hirthe/oder Schäffer solches thun, und einem/anderen, und mehr Hirthen und Schäffern/Zum nach hüthen, oder dergleichen/Vornehmen ursache geben Vor den/oder dieselben soll der Schäffer/oder Hirthe die Straff erlegen/wie offt Solche Verwirckt seyn möge/und sollen die Gräsereien im/winterfeld auff Walpurgis[17] und/die im Sommer Feld 14. Tage Vor/ Johannis [18], es wäre dem, daß nach/erforderung des Jahrgangs die Gemeine (S. 17)/ es gar oder langsamer Verbiethe oder/Zu ließe bey Straffe 2 g wie auch/die Huth auff dem Raasen muß/genommen wo die Schafflein/hin gehen in denen verschloßenen/Feldern bey straff 10 g Verbothen seyn./
9.
Soll alle Jahr auff Jacobi[19], und Michaelis das gewöhnliche Heege/mahl gehalten, die Verbrechen, und/frevel gerüget bestrafft, die straffen/unnachlässig eingebracht, und Nieman-/den durch die finger gesehen/werden./
10.
Wer sich bey oder nach geheegtem Mahl/oder auch sonst gegen den Schulthsen,/ Heimbürgen, oder Gemeinen Schützen/mit unnützen wartten, wie auch bey/Gemeinen Versammlungen, und ande/rer gelegenheit mit unhöfflichen wortten/Vernehmen läßet, soll der Gemeine/mit 5 g Verfallen seyn, und darüber/noch deß Ambts Straffe gewartten. (S. 18)/
11.
Vnd weilen auch schließlich/bey denen unordentlichen Zeiten/die Gräben neben den Wiesen, und/Äckern im Feld sehr eingegangen/dadurch aber dem Waßer der abfluß/gestockt, und Groser Schade Verursachet/wird; AIß soll ein ieder im Frühling/oder Fasten[21], seines orths dieselben/wiederumb auffreumen, und keiner/dem andern auff seinen Acker oder/wiesen Schaden Zuwenden bey straffe/nechst erstattung des beweißlichen Schadens 5 g.
Der Dritte Articul
Vom Schankhause, dem wirth, und deßen verhaltung
1.
Der wirth in Gemeinen Schanckhause/nach dem er Vorhere dem Ambte Vorgestellet/ehrlich, und untadelhaftig befunden, und/confirmiret worden, soll Jährlich Michaelis an/genommen. und wie er bey seinem An-/tritt, das Schanckhaus mitt thüren, Schlößern/Kandeln, Bier und Brandewein maaßen/versehen befindet, Von ihm solches alles/erhalten, und in seinem Abzuge wieder/geliefert, den Abgang der Gemeine/ersatzt, und berechnet, Auch ins Gemein (S. 19)/auff Feur und andere gefahr in/der Schencke Von ihm fleißige Acht/gegeben, auch wie vor alters bräuch-/ lieh verbürget worden.
2.
Unter denen Sonn und Fest Tagen/oder anderen wöchentlichen Predigten/soll er weder einheimischen, noch/frembden Zu Zechen Verstatten/wie auch kein Bier oder Brande/wein, unter dem Gottesdienst/überlaßen, es sey denen Reisenden/ Persohnen, sondern die Schenke Zu/halten, und do hir wieder gehandelt/wird, soll so wohl der wirth, alß die/Gäste ieder mit 10 g Straffe der/Kirchen Verfallen seyn, wie denn/auch ins gemein niemand einige/andere weltliche Geschäfte unter/wehrenden Gottesdienst Vor Zu/nehmen Verstattet werden.
3.
Alle Zeit werden nicht Zwey oder mehr/bierzapfen Zugleich Zuhalten verstattet/sondern es soll nur einer gehen, und aber/ein meßinger, und kein hölzerner Zapfen/ gebraucht, und das Biermaas Zu/ieder Zeit Rein, und wann nicht da-/mitgemeßen wird, umgestürzt (S. 20)/gefunden, auch iedes und ienes/so offt einiger mangel hierunter/erscheine, mit 5 g straff halb/in die Gemeine und halb dem/auffseher gebüßet werden./
4.
Das Bier soll Alle Zeit Tüchtig, und/Kaufmanns guth, deßen auch richtiges/und Volles Gemäß seyn, und aus/gegeben werden, iedermann aber/sein bedürfen was Bier allemahl/baar, oder do iemand daß wirthaus/guthen willen was verborgede/ längstens 14. Tage vor iedem Ter/min der TranckSteuerlieferung/bezahlen und abtragen.
5.
Wenn Frisch bier Vorhanden, und etwan/noch in einem Faß noch eine neige were,/der wirth aber sich unterfinge, daseibe unter/das frische Bier Zu mischen, oder Zugleich/und neben dem guten AußZäpffen ist/rein die Straff der 10 g 6 d halb den/ So die auffsicht führet, und solches betrugs/innen wird zu Verdammen, wie auch
6.
So off te die Schencke daß Bier oder/Brandeweins, aus nachlässigkeit deßelben/einen Tag oder Nachtlang mangelte/mit 10 g Zu bestraffen. (S. 21)/
7.
Ließe auch der wirth daß den Tag über/gesambte Zapfen oder Röhrbier die Nacht/biß an den morgen stehen, und sich also/finden, daß es unter Vor Zäpfte Item/ungebührlicher Weiß sich gelüsten mit/Zweyfacher Creiden, oder Zwey Vor einst an Zuschreiben, so soll er Von diesem, und/jenem iedesmahl5 g halb der Gemeine/und halb dem so es also findet, und/anzeiget, Zur straffe erlegen, oder auch/wohl noch befindung/
8.
Soll er alle Abend die Schencke im Sommer/nach 10 uhren, daß Winthers aber nach 9/Uhren Schlüßen, und niemanden, war/der Auch wäre, Auser Krancken, oder/Reisenden späth ankommenden leuthen/weder auff Hochzeiten Kindttauffen/oder andere Zusammenkünften, und ge-/lacken etwas Von Bier oder Brandewein/über berührte Zeit Zukommen laßen, bey/straff 5 g würden aber Voll Zapffen[23]/und andere so denn Vor die Schencke/lauffen, und mit Verdrießlichen wortten/auch ein mehrers heraus Zu pochen sich unter/stehen, der oder die sollen iede Persohn/mit 10 g 6 d gestrafft, auch nach beschaffen-/heit solcher frechheit, und beginnen, dem Ambte Zu fernerer Züchtigung hin gewiesen/worden. Inmaßen dann neben der andern üppigkeit, auch das Nächtliche Tollisieren/Jauchzen ruffen und schreyen, schüßen/und Tantzen bey straffe 10 g 6 d aller/dings hiermit Verbothen seyn (S. 22)/
9.
Die weil auch dem wirth der eintzele/Brandewein Verkauft Verstattet, so soll er gleichfalß gute, unverfälschte/Ware haben, sich auch ein Vorteilhaf/tiges und redliches gemäses gebrauchen/und denselben höher nicht, denn sichs/gebühret, aus Schencken bey Straff/5 g./
10.
Ob einer gefunden wird, er sey ein-/heimisch oder frembde, so in Gemeiner/Schencke freventlich in Tisch oder bäncke/hiebe, stäche, oder auch sonsten solches im Haus am Säulwerck beginnete/ln dem welche bey Schlägereyen, und/ sonsten die öffen, Fenster oder läden/und Thüren Zerbrechen, oder auch mit/steinen Zerwürffen, der ieder soll so offt/es geschieht deß Schadens ersetzung/der Gemeinde mit 10 g 6 d Verfallen/die Ambts Straffe Aber nachgestelten/Sachen Vorbehalten seyn./
11.
Sollen die Jenigen, so bey Schlägereyen/und sonsten Zimmerne höltzern/oder auch irden Trinckgefäße in der/Schencke zerschlaqen, Zerbrechen oder Zer/werffen würden über die Ambts Straffe/in maßen solche fälle iederzeit ins Ambt gerüget werden sollen, der Gemeinde/die Zerbrochene Kandeln oder gefäse/wieder machen laßen, und auch eine neue/darneben Von dem seinem Kauffen (S. 23)/
12.
Wann Zanck und Schlägereyen/über vorhoffen durch deß bösen feindes/antrieb endtstünde soll denen Partheyen/vermittelst deß Auß dem Ambte/in die Schencke verordneten Gerichts/Stabß vom Schultzen, Heimbürgen/oder in deren abwesenheit von dem/wirth ein friedens/geboth bey straffe/10 g 6 d gethan, da sie sich nun also/balden Zur ruhe begeben, solcher straff/erlaBen, So aber nicht, sondern die/Schlägerey nichts desto weniger fort-/treiben, iede persohn dieselbe Zuer-/Iegen Angehalten, und auch dem/ F(ürstlichen) Ambte zu fernerer bestraffung/angezeiget werden./
13.
läst ein Zechgast sich mitt Gottes/lästerlichen unscheinbahren Wortten/und geberden hören, und Vernehmen/der, oder die/selbigen sollen, und Zwar/ieder der Gemeinde mit 10 g 6 d/Verfallen, und do dieser, und Vorhande/ne überfahringe, und Verbrechen/vom wirthe mit angehört und gesehen/Aber Verschwiegen, und nicht angezeiget/würden, er iezt dictirte Straffe gleich/ihnen Zuerlegen schuldig seyn./
14.
Wie auch diejenigen, so sich daselbst/in der Stuben beym Zechen, im Hauß/auff dem boden, oder sonstem un-(S. 24)/gebührlich Verhalten, und des orths/der Zu Verordneten heimligkeit im/hofe nicht gebrauchen würden, sollen/solche um 5 g gestrafft werden/
Vierter Articul
Vom Brauhause und wie es mit dem Brauen Zu halten
1.
Und demnach auch die Gemeinde die/Braugerechtigkeit hat, So sollen/Schultzen und Heimbürgen Alle/nachbarn, und Einwohner, Reich oder Arm darZulaßen, darbey aber ein ieder/der da brauet, das gebräuchliche Pfanngeld/Vorher, und ehe der noch ins Brauhaus gelaßen/wird niederlegen; der Schulthse und Heim-/bürger aber wie das Brauhauß selbsten/in dach und fach Zuerhalten, Also es auch/mit nothwendigem tüchtigen und unmangel/haften geschirr, und gefäße Zu Versehen/und die Vorhandene alte Gefäße nebst/anderen Zu brochen außbeßern Zulaßen/Verbunden seyn./
2.
Soll ein Braumeister alles Maltz nach/dem es Vorhero bey seinen pflichten/Vor tüchtig erkandt hat mit einem Richtigen/gemäß meßen, und von einem nicht mehrt denn dem andern Rechnen inmaßen/dann auch Von nunan, und hinführo (S. 25)/alle Zeit gut bier daß Kauffmanns Guth/ist bey straffe 10 g 6 d Von iedern/faß der Gemeinde der Ambts Strafe/unnachtheilig gebraucht werden soll.
3.
Und alß etzliche auch statt Holtzes mit/stroh brauen wollen, und nicht allein/feuers halben dabei große gefahr/ist, sondern auch dem Acker an der/beßerung viel abgehet, so soll hin fürder/das geströhe Zur Tüngung allein gespahret/und dargegen Zum brauen Holtz ge-/schafft werden bey straf 10 g 6 d.
4.
Soll zum Brauen niemand er habe/dann das Maltz Vom Züns Mstr. einschreiben/laßen admittiret werden./
Schlüßlichen
Welcher Schulthse oder Heimbürge/Von allen abgesagten Verwirckten Straffe, auß Freundschaft oder/Sonsten nichts ein brächte, Sondern durch die finger sehe, oder derowegen/sich angebührenden orthe über die/überfahrer nicht beklagte, sondern/dieselben dieser Gemeinen Ordnung/Zuwieder mit der buße Verschonen/würde, der soll der Gemeinde alle Zeit/mit doppelter straffe Verfallen seyn/und dem F(ürstlichen) Ambte zu fernerer be-/strafung andern Zum Abscheu hinein/gewiesen worden, gestaldt sie dann/alle Jahr Michaelis solche Verwirckte/straffen Zu berechnen in der Gemeinde/Zum besten anzuwenden haben. (S. 26)/
Der Fünfte Articul
Wie es im Gehöltz Zuhalten
1.
Wenn einer in der Gemeine Gehöltz/einen Stamm abhaut, soll er wie/von alters ein halb Schock Zur Straffe/erlegen.
2.
Wer einen baum beschädiget oder einen/Ast abhäubet soll 5 g Zur Straffe/verfallen seyn.
Der Sechste Articul
Vom Gemeinen Backhause
1.
Im Gemeinen Backhause sollen die/Nachbarn welcher ein Gother (Gothaer) Viertel/ Malter Zu Backen hat dem Becken[23] mit einer Schüßel und nicht mit Zweyen/nach der Reyhe aufftragen, welcher aber 1 ½ Malter Zu backen hat, soll befugt seyn, mit Zweyen Schüßeln den/Teig Vorzutragen, damit keins Vor/dem andern beym aufftragen ver-/Vortheilet wird bey straf 3 g.
2.
Welche sich im Backhause hadern oder Zancken/sollen Vom Becken angezeiget, und umb/5g gestraft auch Zur härttern be/straffung ins Ambt gewiesen werden (S. 27)./
3.
Sollen die Vor oder feil Becken ihren/Teig nicht, ehe es haben dann die anderen Nachbarn ihren Teig eingeschoßen, einschüßen (S. 28)/
Anmerkungen
[1] Kreisarchiv Arnstadt, Bestand Gemeindevertretung und Rat der Gemeinde Crawinkel, Sig. 338, Dorfordnung 1659
[2] Staatsarchiv Weimar/Außenstelle Gotha, Bestand Kammer Gotha, Sig. GGII 42, Neue Beschreibung des Amts Wachsenburg 1667
[3] Gemeint ist Kienruß
[4] Neue Beschreibung des Amts Wachsenburg. a. a. O.
[5] Fehlende Angaben zur Mühlsteinhauerei 1667 sind wohl mit den Folgen des 30jährigen Krieges zu begründen. Der Bedarf an Mühlsteinen war offenbar auf Grund abnehmender Bevölkerungszahl und deshalb rückläufigem Nahrungsmittelverbrauch stark eingeschränkt. Vgl. dazu: Heinz, J.: Die Mühlsteinhauerei in Crawinkel; Jahresarbeit Sekt. Geschichte der Humboldt-Universität Berlin/Bereich Ethnographie -Fachrichtung Volkskunde. 1969. S. 7
[6] Die Heimbürgen waren zuständig für die von den Gemeinden in eigener Verantwortung wahrgenommenen Bereiche. Sie wechseln jährlich. Vgl. dazu: Harnisch, H.: Gemeindeeigentum und Gemeindefinanzen im Spätfeudalismus. In: Jahrbuch für Regionalqeschichte, 8. Bd .• Weimar 1981. S. 132
[7] Michaelis = Sept. 29.
[8] Schulze oder Schultheiß: Bezeichnung für den im Thüringer Raum. südlich der Unstrut, von der Herrschaft eingesetzten Gemeindevorsteher. Sein Einsatz erfolgte auf Lebenszeit. Vgl. dazu: Harnisch, H., a. a. O.
[9] Dorfschützen waren Beigeordnete des Schultheißen und unterstützten diesen bei Erledigung einer Amtsgeschäfte.
[10] g = Groschen
[11] d = Denare, also Pfennig
[12] f = Floren, also Gulden
[13] Atzung = Fütterung
[14] Danach war die Flur von Crawinkel in Gelänge eingeteilt. Die Gelängeflur war eine Übergangsform von der alten Gewannflur zur jüngeren Waldhufenflur. Vgl. dazu: Ogrissek, R.: Dorf und Flur in der DDR, Neue Taschenbuchreihe des VEB Verlag Enzyklopädie Leipzig. Bd. 10. Leipzig 1968. S. 122
[15] Mandel = 15 Getreidegarben
[16] Krummet - Grünmahd
[17] Walpurgis = Mai 1.
[18] Johannis = Juni 24.
[19] Jacobi = Juli 25.
[20] Heegemahl: soviel wie Rüge- und Feldgericht
[21] Fasten = Fastenzeit vor Ostern
[22] Voll Zapfen: hier wohl im Sinne von volltrunken
[23] Becken = Bäcker